3 1⁄2 Tage im Tierheim Hogar de Asis in La Carolina

„Dann soll es wohl nicht sein“, war mein erster Gedanke, als ich von dem Bahnstreik und Flugstreik in Deutschland hörte – und dem angekündigten sehr schlechten Wetter. Ausgerechnet am Tag meines Abflugs nach Spanien. Es war seit Wochen geplant, dass ich mich mit der Vermittlerin des Tierschutzvereins Europa –Regina Ehrat — in Zürich treffe, um dann gemeinsam via Malaga nach La Carolina zu reisen. Mein zweiter Gedanke war: „Das muss ich irgendwie hinbekommen“. So kam es auch und ich traf mich pünktlich mit Regina in Zürich, um dann mit ihr weiter nach Malaga zu fliegen und mit dem Mietauto die drei Stunden nach La Carolina zu fahren. Natürlich alles privat finanziert.

Was wollte ich in Spanien im Partnertierheim des TSV Europa? Ich bin seit 2018 Adoptandin von inzwischen drei Hunden aus zwei spanischen Tierheimen, zwei meiner Hunde waren zuvor in einer Perrera (Tötungsstation). Meine zuletzt adoptierte Hündin kommt aus dem Tierheim Hogar de Asis. Mein kleines Rudel besteht insgesamt aus vier Hunden. Zudem bin ich Spenderin, Mitglied im Verein und war Patin von Hunden beim TSV Europa. Ich wollte durch die Reise vornehmlich Antworten auf zwei Fragen bekommen:

  • Wie lebten meine Hunde in Spanien im Tierheim, bevor sie zu mir kamen? Wie ist es dort? Eine Perrera wollte ich mir aber auf keinen Fall ansehen.
  • Wie sieht gelebter Tierschutz vor Ort in Spanien aus? Wie helfen Patenschaften und Spenden?

In La Carolina angekommen fuhren wir gleich zum Tierheim. Mir gefiel die Stadt mit ihrer schachbrettartigen Struktur (gut bei meinem schlechten Orientierungssinn!), ihren Häusern im Kolonialstil und Straßen mit den vielen Orangenbäumen. Sehr typisch für die Region und gar nicht touristisch. Leider sehr typisch ist auch das Industriegebiet, in dem sich Hogar de Asis befindet: direkt neben einer Rehala* und gegenüber einer Müllkippe oder Schrottplatz. Bei dem Regen wirkte alles noch viel trister. Der Regen und der Wind begleiteten uns die ganzen Tage unseres Aufenthalts in La Carolina.

Das war allerdings sofort vergessen, als mir Regina Teresa, die Leiterin des Tierheim und Josefine, ihre einzige Mitarbeiterin, Kollegin und Unterstützerin vorstellte. Beides sehr sympathische, selbstbewusste Frauen von Anfang Fünfzig mit einer warmen und sehr positiven Ausstrahlung. Ich fühlte mich sofort willkommen und auch angekommen. Was mir auch sofort auffiel, war die absolute Sauberkeit im Gebäude, es roch nicht nach Hund oder … und die freundlichen, kleinen Hunde, die frei um uns herumwuselten. Alles hatte seine Ordnung und das bei über siebzig Hunden im Tierheim. Ich war beeindruckt und habe den größten Respekt, was die beiden leisten. Teresa zeigte mir den Medikamenten- und Behandlungsraum, das Bad mit Badewanne für die Hunde, den Lagerraum für Decken, Handtücher etc., den Lagerraum für das Futter und die Waschmaschine, die fast immer lief, um Decken und Handtücher für die Hunde zu waschen.

Im hinteren Bereich des Gebäudes sind die vielen Zwinger. Jeder Zwinger hat einen Durchgang nach draußen, dadurch war es allerdings auch recht kalt und feucht. Die empfindlichen Hunde trugen alle einen Pullover oder Hundemantel gegen die Kälte. Jeder Hund hat einen Korb (aus hygienischen Gründen aus Plastik) mit einer Decke zum Kuscheln, sehr ausreichend Futter, was mich sehr beruhigt hat, und frisches Wasser. Das Bellen vor Aufregung, weil da plötzlich zwei Fremde waren, war ohrenbetäubend. Die Hunde waren allein oder zu zweit, dritt, viert im Zwinger, da das Tierheim momentan sehr voll ist. Die Hunde wirkten jedoch nicht traurig oder aggressiv oder apathisch. Warum das so ist, sollte ich dann in den nächsten Tagen erleben.

Meine erste Nacht in La Carolina schlief ich kaum, weil mich diese ersten Eindrücke nicht los und somit nicht schlafen ließen.

Am nächsten Morgen – wie jeden Morgen unseres Aufenthalts – waren Regina und ich pünktlich um 9 Uhr im Tierheim und der Alltag im Tierheim mit seinen Routinen begann: Reinigen der Zwinger, Austausch und Waschen der Decken, füttern, Tränken auffüllen, Auslauf für die Hunde gruppenweise (bei dem schlechten Wetter schwierig!) und und und. Da die Hunde mich nicht kannten, konnte ich nur beim „Sozialprogramm“, Tierarztbesuchen, medizinischer Versorgung unterstützen oder draußen Kot einsammeln … und natürlich immer wieder Streicheleinheiten für einzelne Hunde verteilen oder einfach nur mal für den ein oder anderen Schatz da sein.

Was nenne ich „Sozialprogramm“? Was ich sehr bemerkenswert finde ist, dass einzelne Hunde getestet werden, wie sozialverträglich sie in bestimmten Situationen, bei Geräuschen und mit bestimmten Personen – wie Kindern oder Männern – sind. Alles videodokumentiert. Es war sehr interessant dabei zu sein.

Die dreieinhalb Tage im Tierheim waren so eindrucksvoll, dass ich an dieser Stelle nur aufzählen möchte, was mich am meisten beeindruckt hat und wohl immer in Erinnerung bleiben wird:

  • Die unglaubliche Liebe für die Hunde, Ausdauer und Geduld von Teresa und Josefine an sieben Tagen in der Woche!!
  • Das familiäre Gefühl im Tierheim mit den Hunden
  • Ca. 30 bis 40 Hunde im Auslauf – ich als Fremde mittendrin – und alle Hunde verstehen sich (kein Stress oder Beißerei), weil sie totales Vertrauen zu Teresa und Josefine haben und sie als Rudelführerinnen ansehen und respektieren. Anders ginge es nicht.
  • Ein Tierarztbesuch mit einem lieben 50 kg schweren Mastin an der Leine
  • Mit Benito, dem kleinen Pirat (ein lieber Herdenschutzhund , der so klein nicht ist!) beim Tierarzt. Ihm wurde aus medizinischen Gründen das rechte Auge herausoperiert. Er war so unglaublich tapfer und ließ sich von mir gerne in Form von Streicheleinheiten und Würstchen „nachversorgen“.
  • Die Augen der Hunde hinter den Zwingergittern
  • Die Hunde, die wohl keine Chance auf Vermittlung haben und für die das Tierheim Hogar de Asis ihr Zuhause bleiben wird. Wie gut, dass Josefine da ist. Sie hat Verständnis und Liebe und nimmt sich die Zeit für jeden noch so traumatisierten Hund.
  • Ich durfte die Mutter meiner Adoptivhündin kennen lernen.

Abschließend möchte ich darauf zurückkommen, ob ich Antworten auf meine zwei Fragen bekommen habe. JA. Ich verstehe den Hintergrund meiner aus Spanien kommenden Hunde und kann ihr Verhalten zum Teil besser einordnen und verstehen. Ich verstehe nun, warum sie in Emmendingen nach dem Transport so entspannt waren: Sie wurden während ihres Aufenthalts in den jeweiligen Tierheimen (den Umständen entsprechend) wunderbar versorgt und umsorgt.

Die Spenden und Patenschaften sind so wichtig für die medizinische Versorgung der Hunde (Beispiel die Operation von Benitos Auge), gutes Futter, mal eine Aushilfe bezahlen können, einen sicheren Zaun bauen können, die Zwinger modernisieren und ausbauen können, Hundepullover und -mäntel gegen die Kälte zu haben, Decken zum Einkuscheln und noch ganz viel mehr.

Abschließend möchte ich mich ganz herzlich bei Regina bedanken, dass sie (so wie ich auch) den Mut hatte, in ihrer Freizeit das Risiko einzugehen und mit einer Fremden nach Spanien zu reisen, um ihr die Arbeit eines Partnertierheims näher zu bringen, sowie die so wichtige, unermüdliche (Team-) Arbeit aller Ehrenamtlicher des Tierschutzvereins Europa. Ein interessanter Blick „hinter die Kulissen“ für mich, der eine noch größere Achtung vor dem Einsatz eines jeden einzelnen Teammitglieds des TSV Europa, der zur Vermittlung eines Tierschutzhundes beiträgt, bei mir entstehen ließ.

Großen Dank auch an Teresa und Josefine für ihre Offenheit und Gastfreundlichkeit. Mir ist schon bewusst, dass „ Besuch“ auch mal die routinemäßigen Abläufe durcheinanderbringt bzw. stört. Da, wo es ging, versuchte ich zu unterstützen. Unvergesslich wird das tägliche zweite Frühstück mit Churros, Schokolade und Kaffee bleiben – immer umgeben von Hunden. Danke und muchas gracias.

Silvia Marhenke Im März 2024

*Eine Rehala ist ein Unterbringungsort, in der Jäger ihr Jagdrudel halten. Das kann ein Schuppen, eine Garage oder einfach ein Erdloch sein.

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