18. November 2022Besuch im Sozialisierungsbereich des Tierheim Odai

Das Tierheim Odai wurde bis 2016 konsequent für die Öffentlichkeit geschlossen. Weder Ehrenamtliche Helfer*innen, noch Tierschützer erhielten Zutritt und was hinter den Toren vor sich ging wusste niemand so recht. Durch die kontinuierliche Arbeit unserer Partnerin Ilinca Macarie im Stadtrat von Bukarest durfte im Jahr 2018 eine dem Tierheim vorgelagerte Fläche als „Sozialisierungsbereich“ integriert werden. „Sozialisierung“ meint hier, dass die Hunde an das Zusammensein mit Menschen gewöhnt werden. Es ist keineswegs so, dass die Hunde vorher unsozial wären. Vielmehr kann man im großen anonymen Tierheim ihren Charakter und ihr Temperament kaum einschätzen. In diesem sogenannten Sozialisierungsbereich wurden sukzessive 10 Zwinger errichtet, in welche kontinuierlich Hunde aus dem Hauptteil überführt werden durften, um mit ihnen zu arbeiten. Im Gegensatz zum Tierheim selbst bietet die Fläche etwas Ruhe und bedeutend weniger Stress für die Hunde, um einen Sozialisierungsprozess überhaupt zu ermöglichen.

Einmal pro Woche dürfen die Hunde aus dem Sozialisierungsbereich mit ehrenamtlichen Helfer*innen sowie Tierschützern in zwei nahegelegene Freiläufe geführt werden. Dabei beträgt die Auslaufzeit je Hund leider nur 15-20 Minuten. In dieser Zeit dürfen die Hunde ihrem Bewegungsdrang nachgehen, den Freilauf mit allen Sinnen erkunden und das Beisammensein mit Artgenossen außerhalb des Zwingers üben. Auch das Anlegen von Sicherheitsgeschirren und Leinen wird den Vierbeinern nahegebracht und erste Grundkommandos werden mit Leckereien geübt. Selbstverständlich dürfen auch Kuscheleinheiten und kleine Spiele mit den Helfern nicht fehlen.

Leider ist der Platz des Sozialisierungsbereichs stark begrenzt, sodass nur ein Bruchteil der aktuell etwa 600 Hunde die Chance bekommt, dem tristen Zwingeralltag zu entkommen. Aktuell beherbergen die 10 Zwinger im Sozialisierungsbereich 28 Hunde. Vor Kurzem wurde die Nutzung von weiteren 5 Zwingern im direkten Eingangsbereich des Tierheims zu Sozialisierungszwecken gestattet, in denen sich insgesamt 22 Hunde befinden.

Zum Leidwesen der Hunde ist die Anzahl der freiwilligen Helfer über die Pandemie deutlich zurückgegangen und zudem sehr unbeständig. Um die derzeitig 50 Hunde im Sozialisierungsbereich gleichermaßen sozialisieren zu können werden mindestens fünf Helfer benötigt.

Neben der aktiven Arbeit im Shelter werden die Hunde des Sozialisierungsbereiches beworben sowie Aufklärungsarbeit gegenüber Interessenten geleistet. Durch das Zusammenspiel von Sozialisierung und Vermittlungsarbeit schaffen es jährlich etwa 100 Hunde aus dem Tierheim – vorrangig nach Deutschland, aber auch in andere Nachbarländer – in ein gutes Zuhause vermittelt zu werden. Die Adoptionszahlen im Inland sind hingegen vernachlässigbar.

Trotz der recht positiven Vermittlungsbilanz gibt es noch sehr viele Probleme im Tierheim Odai. Angefangen bei mangelndem ehrenamtlichen sowie bezahltem Personal über nicht ausreichende Zeiten für das Training mit den Hunden bis hin zum Desinteresse der Behörden. Da es einfach zu wenig Aufklärungskampagnen bezüglich Kastrationen, Tierschutz, Tierhaltung usw. gibt, ist die Anzahl der Tiere im städtischen Tierheim immer unverändert hoch.

Als Resultat unseres Besuchs ist ein Gespräch mit der Tierheimleitung geplant, um Änderungsvorschläge zu adressieren. Grundlegend wichtig wäre die Zuweisung eines zweiten oder gar dritten Tages für Sozialisierungszwecke, gekoppelt mit der Einstellung von 1-2 bezahlten Pflegern, welche ausschließlich für die Sozialisierung bzw. das Training zuständig sind. Unter diesen Voraussetzungen könnte sowohl der Sozialisierungsbereich mit Zwingern erweitert werden als auch die Vorbereitung der Hunde auf ein Zuhause beschleunigt werden. Wir erhoffen uns, dass dieses Konzept angenommen wird, um die stetig neutrale Hundebilanz im Tierheim endlich in einen sinkenden Trend zu überführen.

Ein Bericht von Nico Bendel